Herausforderungen des weiteren Kita-Ausbaus
Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) im Jahr 2005 sowie dem Kinderförderungsgesetz (KiföG) im Jahr 2008 und dem darin verankerten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr wurden die gesetzlichen Grundlagen für den Ausbau eines bedarfsgerechten Betreuungsangebots geschaffen. Für die Investitionskostenzuschüsse hat der Bund bereits im Jahr 2007 das Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“
aufgelegt. Damit erhielten die Bundesländer erstmalig finanzielle Beihilfen für den Bau neuer Kinderbetreuungsplätze. Seit 2009 beteiligt sich der Bund darüber hinaus an den Betriebskosten der Einrichtungen mittels eines Festbetrages zugunsten der Länder bei der Umsatzsteuerverteilung. In den folgenden Jahren wurden zehntausende Kitaplätze durch die Kommunen geschaffen. Insgesamt wurden vier Investitionsprogramme „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2008 bis 2013, 2013 bis 2014, 2015 bis 2018 und 2017 bis 2020 für den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ins Leben gerufen, zuletzt mit einem Finanzvolumen von 1,126 Mrd. Euro (2017 bis 2020). Das Bundesprogramm KitaPlus fördert seit 2015 zudem Kitas, die ihre Öffnungszeiten flexibler gestalten und damit Familien in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch eine passgenaue Betreuung für ihre Kinder unterstützen. Zielgruppe sind insbesondere Alleinerziehende, Schichtarbeitende, Selbstständige sowie Berufsgruppen, deren Arbeitszeiten außerhalb der üblichen Kita-Öffnungszeiten liegen. Der Bedarf an frühkindlicher Förderung und Betreuung ist trotz des Ausbaus der Kinderbetreuung nicht gedeckt. In seiner Kinderbetreuungsstudie hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) 2016 im Bundesdurchschnitt eine Differenz von 13 Prozent zwischen Betreuungsquote (33 Prozent) und Betreuungsbedarf (46 Prozent) ermittelt. Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren gilt jedoch seit dem 1. August 2013, eingeklagt wird dieser bei den Kommunen. Dort ist die Betreuungssituation von Kommune zu Kommune beinahe ebenso unterschiedlich wie von Bundesland zu Bundesland. Im aktuellen Koalitionsvertrag postulieren CDU, CSU und SPD, die bestmögliche Betreuung für unsere Kinder und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu wollen und die Länder und Kommunen weiterhin beim Ausbau des Angebots von Kinderbetreuungseinrichtungen zu unterstützen. Das Bundesprogramm KitaPlus soll fortgesetzt und Eltern sollen bei den Gebühren entlastet werden, sogar bis hin zur Gebührenfreiheit. Fest steht, dass schon jetzt mehr Kita-Plätze gebraucht werden, als in den letzten zehn Jahren geschaffen wurden. Gleichzeitig herrscht ein massiver Fachkräftemangel, was verhindert, dass vorhandene Kita- und Krippenplätze vergeben werden können.
Kleine Anfrage (Drucksache 19/3161, vom 03.07.2018)
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Betreuungsplätze fehlen nach Kenntnis der Bundesregierung zum aktuellen Zeitpunkt für Kinder unter drei Jahren, für die der Rechtsanspruch gilt (bitte Angaben bundesweit sowie für die einzelnen Bundesländer aufschlüsseln)?
2. Wie viele Kommunen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen dieses Rechtsanspruchs bisher auf Schadenersatz verklagt, und wie viele Verfahren sind noch anhängig (bitte Angaben bundesweit sowie für die einzelnen Bundesländer aufschlüsseln)?
3. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten, die den Kommunen für diesen Schadenersatz entstanden sind (bitte Angaben bundesweit sowie für die einzelnen Bundesländer aufschlüsseln)?
4. Wie viele Betreuungsplätze fehlen nach Kenntnis der Bundesregierung zum aktuellen Zeitpunkt für Kinder zwischen drei und sechs Jahren (bitte Angaben bundesweit sowie für die einzelnen Bundesländer aufschlüsseln)?
5. Wie beurteilt die Bundesregierung den Mittelabruf des 4. Investitionsprogramms „Kinderbetreuungsfinanzierung“, der sich in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gestaltet und zum Stand 22. Mai 2018 zwischen 27 Prozent (Bayern) und 94,5 Prozent (Thüringen) variiert?
6. Plant die Bundesregierung ein 5. Investitionsprogramm zum Ausbau der Kita-Plätze über 2020 hinaus?
Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht?
7. Wie hat sich das Programm „KitaPlus“ auf den Ausbau der Kinderbetreuung ausgewirkt?
8. Wie verläuft der Mittelabruf aus dem Programm „KitaPlus“ (bitte nach Bundesländern, Kommunen, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege, Kindern unter drei und ab drei Jahren und der Anzahl des aufgestockten Betreuungsumfangs sowohl in Stunden als auch nach betreuten Kindern aufschlüsseln)?
9. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Angebot aus dem Programm „KitaPlus“ nachgefragt (bitte Angaben bundesweit sowie für die einzelnen Bundesländer aufschlüsseln)?
10. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen und Tagespflege in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei
Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
11. Inwieweit gehen nach Kenntnis der Bundesregierung die Kindertageseinrichtungen bei Öffnungszeiten und Ganztagsbetreuung auf den Bedarf von Eltern ein?
12. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob das Kindertagespflegepersonal in den Ländern schnellstmöglich besser bezahlt werden soll?
Wenn ja, unter welchen Bedingungen soll dies geschehen? Wenn nein, warum nicht?
13. Wie beurteilt die Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund der Abschaffung des Betreuungsgeldes im Jahr 2015 – den Zusammenhang zwischen Kita-Ausbau, Bedarfsdeckung und dem in manchen Ländern vorhandenen Landeserziehungsgeld?
14. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Betreuungsumfang von Kindern seit 2006 entwickelt (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
15. Wie haben sich die Anfahrtszeiten bzw. Wegezeiten zu Einrichtungen der Kinderbetreuung seit 2006 nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (bitte nach Jahren, Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren sowie Wegezeiten von unter einer Stunde pro Tag, ein bis zwei Stunden pro Tag und drei und mehr Stunden pro Tag aufschlüsseln)?
16. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
17. Mit welcher zusätzlichen Zahl an Kita-Plätzen rechnet die Bundesregierung durch die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angestrebte Gebührenfreiheit?
Wie sollen diese finanziert werden?
18. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Bedarf an Fachkräften für die Kinderbetreuung in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
19. Wie viele Fachkräfte fehlen nach Kenntnis der Bundesregierung in der Kinderbetreuung aktuell (bitte nach Bundesländern und Kindertageseinrichtungen aufschlüsseln)?
20. Wie wirkt sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Mangel an qualifiziertem Personal auf den tatsächlichen Fachkraft-Kind-Schlüssel in der täglichen Arbeit aus, und was bedeutet dies für die Personalplanung der einzelnen Einrichtungen?
21. Wie viele männliche Fachkräfte gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in der Kinderbetreuung (bitte nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
22. Bezieht die Bundesregierung die Gewinnung von männlichen Fachkräften für die Kinderbetreuung in der Fachkräfteoffensive für Erzieher mit ein?
Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?
23. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Altersdurchschnitt der Fachkräfte für die Kinderbetreuung in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
24. Wie viele der in der Kinderbetreuung tätigen Fachkräfte gehen nach Kenntnis der Bundesregierung in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand (bitte nach Jahren, nach Bundesländern, Kindern unter drei und ab drei Jahren, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege aufschlüsseln)?
25. Wie geht die Bundesregierung mit dem eklatanten Mangel an qualifiziertem Personal für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen um, und was will sie dagegen tun?
26.Plant die Bundesregierung angesichts der steigenden Zahl von privaten Institutionen, die eine staatlich anerkannte Erzieherausbildung anbieten, verstärkte Qualitätskontrollen der Befähigung zum Erzieherberuf von deren Ab-solventen? Wenn ja, wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht, und sind der Bundesregierung geplante Qualitätskontrollen von anderen Akteuren bekannt?
Hier sind die Originalschriftstücke zum Download