Berlin. Lange wurde darüber gestritten, heute hat der Bundestag die Wahlrechtsreform verabschiedet – genauer gesagt die Regierungskoalition im Alleingang. Für weitreichende Einschnitte ins Wahlrecht wie diese ist das unüblich. Genau dieses Vorgehen und den Beschluss von Union und SPD kritisieren die beiden niederbayerischen Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer (FDP) und Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen).
„Zum guten Stil hätte es gehört, einen breiten parlamentarischen Konsens zu erzielen“, sind sich die beiden einig. Außerdem werde „das Reförmchen“, wie sie sagen, weder den Bundestag verkleinern, noch spiegele es den Wählerwillen akkurat wider. Die Oppositionspolitiker aus Niederbayern werfen insbesondere der CSU Opportunismus vor, da sie am meisten davon profitieren würde.
Union und SPD hätten sich seit Jahren gesträubt, ein bekanntes Problem zu beheben, so die heftige Kritik der beiden niederbayrischen Abgeordneten. Stattdessen hätte die Regierungskoalition nun einen nahezu wirkungslosen Minimalkompromiss vorgelegt und verabschiedet.
Bauer beklagte, dass es mit der Reform nicht gelingen werde, einen XXL-Bundestag zu verhindern. „Ziel war und ist es, die Anzahl der Abgeordneten von aktuell 709 deutlich näher an die vom Gesetzgeber vorgesehenen 598 zu bringen. Nach aktuellen Berechnungen würden die geplanten Maßnahmen gerade einmal Sitze im unteren zweistelligen Bereich einsparen.“ Es gäbe legitime Befürchtungen, so Bauer weiter, dass der Bundestag bei der nächsten Wahl sogar noch einmal wachsen werde.
Auch Erhard Grundl übt Kritik. „Die CDU und SPD lassen sich hier mal wieder von der CSU am Nasenring herumführen. Denn den angekündigten Ausgleich über die Bundesländer gibt es bei einer Regionalpartei, die nur in Bayern antritt, natürlich nicht. Das Wahlergebnis wird dann nicht mehr eins zu eins im Parlament reflektiert“, so Grundl. „Schon lange liegt ein abstimmungsreifer Gesetzesentwurf von FDP, Grünen und Linken vor, den die große Koalition bewusst ignoriert.“ Eine Sachverständigenanhörung habe bestätigt, dass der Vorschlag der Oppositionsfraktionen dem bewährten personalisierten Verhältniswahlrecht entspreche, verfassungsgemäß und fair sei und alle proportional gleichermaßen treffe.
Mit ihrer Ja-Stimme seien auch die lokalen CSU-Politiker in Niederbayern persönlich mit dafür verantwortlich, dass der nächste Bundestag möglicherweise aus allen Nähten platze, halten Bauer und Grundl fest. Damit gefährden sie die Arbeitsfähigkeit des Parlaments und verursachen unnötige Kosten für die Steuerzahler. Das müsse man den Wählerinnen und Wählern erst einmal erklären.